Am 18.07.2010 starteten Andi, Exi und ich gen Süden, um eine für uns besondere Biketour nachzufahren und zu erleben.
Mich faszinierte schon seit Jahren die Befahrung des Schrofenpasses südlich von Oberstdorf. Von eben diesem Pass sah ich schon viele Bilder in diversen Toureberichten und diese verstärkten den Wunsch endlich mal selbst auf einer der Alu-Leitern zu stehen.
Dieses Jahr sollte es soweit sein. Um möglichst wenig Planungsaufwand bzgl. Routenplanung und Etappeneinteilung zu haben, forschte ich im Netz nach einer geeigneten Tour. Nach einiger Recherche stieß ich auf die Tour „Allgäucross“ auf der Webseite des Mountainbike-Magazins (http://www.mountainbike-magazin.de/). An dieser Stelle sei den Redakteuren dieser Tour mein Dank ausgesprochen.
Tag 1 – Immenstadt – Berghaus Schwaben (Bolsterlang) (22 km / 1100 hm)
Als wir gegen 10:00 Uhr in Immenstadt einen Parkplatz gefunden haben, rüsteten wir unsere Bikes für unser großes Abenteuer. Jeder durfte nochmal austreten und zu Hause anrufen und nach einem kleinen „Abenteuer-Anfangs-Foto“ begann unsere Tour – endlich.
Als wir Immenstadt hinter uns gelassen hatten, ging es auch gleich ordentlich bergan, was wir wetterauer Flachländer doch so eher nicht kannten. Wir hatten aber innerhalb der nächsten Tage noch genug Zeit die Steigungen zu „genießen“.
Da der erste Tag laut Tourenbeschreibung nur ein halber Tag sein sollte, ließen wir es ruhig angehen. Dass auch ein halber Tag anstrengend sein könnte, haben wir auf vielen Steigungen erleben dürfen, auf denen wir dann – gemäß dem Motto „wer sein Fahrrad liebt der schiebt“ – mit unseren treuen Begleitern an der Seite per Pedes unterwegs waren.
Landschaftlich war schon der erste Tag sicher ein sehr schönes Erlebnis. Da wir nur die Gipfel unserer Mittelgebirge in der näheren Umgebung um Wölfersheim kennen, faszinierten uns die vielen Weitblicke enorm.
Als wir dann tatsächlich gegen 14:30 Uhr am Berghaus Schwaben ankamen, war auf der Sonnenterrasse noch richtig was los. Das änderte sich aber innerhalb der nächsten Stunde, so dass wir bald die einzigen Gäste auf der Hütte waren.
Das Haus ist eine schnuckelige Berghütte – der Wirt … naja. Ich spar mir hier mal unflätige Bewertungen. Nur so viel sei gesagt, Gastfreundlichkeit wurde nicht dort oben (beim Öhi) erfunden! Wie sonst soll man sich wohl erklären, dass man einen Baumstumpf, der als Radständer dient, mit Stacheldraht umwickelt, damit sich bloß kein Wanderer draufsetzt. Schließlich sollen die „Gäste“ ja auf der Terrasse der Hütte Speisen und Getränke verzehren.
Das Essen am Abend war üppig und schmeckte super und die Bedienungs-Mädels auf der Hütte gaben sich echt alle Mühe mit uns. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Andi immer die größten Portionen bekam – hmmm was das wohl zu bedeuten hatte.
Bei fantastischen Ausblicken auf die abendlichen allgäuer Berge, ein paar Weizenbieren und einen Kartenspiel klang der erste Tourtag aus.
Tag 2 – Berghaus Schwaben (Bolsterlang) – Lechleiten (56 km / 1800 hm)
Nachdem wir unsere Bikes, die die Nacht draußen verbringen durften, gecheckt hatten und ich meinen entdeckten Plattfuß behoben hatte, wurde erst mal üppig gefrühstückt – ich habe noch nie sieben Scheiben Brot zum Frühstück gegessen.
Wir entschlossen uns, unsere Tour mit angezogenen Jacken zu starten, da es ja erstmal bergab ging. Nach ca. 3,5 Minuten rissen wir uns diese aber schon wieder vom Leib, da die Sonne doch schon recht warm vom Himmel schien.
Wir durchquerten das Skigebiet Grasgehren, wo mein Sohn das Skifahren gelernt hatte und kamen bals nach Rohrmoos. Von dort ging es dann weiter nach Österreich, wo wir dann bei Riezlern Mittagspause machten.
Nach der Mittagspause ging es steil – und ich meine richtig steil – bergauf. Bald hatten wir Oberstdirf erreicht und fuhren an der Talstation der Fellhornbahn vorbei. Danach ging es hoch ins Rappenalbtal und dieses entlang.
An der „Schwarzen Hütte“ legten wir noch eine letzte Rast bei alkoholfreiem Weizenbier und Marmorkuchen ein, bevor es dann zum Schrofenpass am Talende hinaufging. Zu dieser Zeit war Exi nur noch ein Schatten seiner selbst und wollte eigentlich sterben. Nachdem uns aber die Wirtin der Hütte sagte, dass es nur noch fünf oder sechs Kilometer zum Tagesziel sei, kehrten schlagartig alle Lebensgeister wieder zurück.
Wir leerten unsere Teller und Gläser und zogen weiter. Der Schrofenpass übertraf unsere Erwartungen bei Weitem. Dass es anstrengend werden würde, war uns vorher schon klar. Was das aber bedeuten würde scheinbar nicht. Im Angesicht der Steilwände und dem damit verbundenen Risiko abzustürzen sorgte aber eine erhöhte Menge an Adrenalin im Blut für die nötige Aufmerksamkeit.
Es waren wunderschöne Ausblicke zu genießen und als wir endlich oben waren beschlich uns ein unbeschreibliches Gefühl des „Gepackt-Habens“. Zur Belohnung, dass wir über eine Stunde die Bikes über Felsen nach oben geschleppt haben, durften wir sie dann – nach einem Gipfelfoto – wieder eine dreiviertel Stunde die Bikes bergab schleppen. Aber mit dem Hochgefühl und dem Ziel vor Augen war das gar nicht so schlimm.
Das Holzgauerhaus in Lechleiten war für diesen Abend unsere Herberge. Es war sauber, die Wirtin war sehr nett, das Essen war super und das 6-Bett-Zimmer war riesig (jeder von uns hatte ein Doppelbett für sich).
Nachdem wir uns Begrüßungsbier getrunken und uns ordentlich gewaschen hatten, gab es Abendessen. Wir saßen anschließend noch lange (zu lange) bei Weizenbier und Kartenspielen zusammen und klopften uns immer wieder verbal auf die Schultern, dass wir das gepackt hatten.
Tag 3 – Lechleiten – Immenstadt (86 km / 1800 hm)
Der dritte Tag begann wieder mit einem leckeren Frühstück und Rucksack packen. Da Andi am ersten Tag auf seine Schulter gestürzt war, schmerzte diese immer stärker und auch Exi klagte über eine schmerzende Schulter. Die schweren Rucksäcke taten das ihrige, um die Schmerzen zu verschlimmern. Exi und Andi versuchten durch das Zurücklassen von unnötigem Ballast wie Duschgel und Zahnpasta das Gewicht der Rücksäcke zu reduzieren.
Vor uns lag die Königsetappe der Tour. Zuerst ging es etwas bergab nach Lechleiten und dann Hauptstraße bergauf nach Warth. Dort bogen wir dann wieder in unbefestigtes Geläuf ein und fuhren durch eine wunderschöne Landschaft nach Schröcken. Auf dem Weg dorthin war ich leider zu doof, das Navi korrekt abzulesen und baute so noch eine Schiebestrecke von einem Kilometer und knaoo 100 Höhenmeter zusätzlich ein. Das hört sich wenig an, fühlt sich aber viel an.
Von Schröcken aus wurden wir dann mit einer Hochgeschwindigkeitsabfahrt auf Straße belohnt. Wir durften knapp 1000 hm wie nix vernichten – super. 500 davon durften wir dann sofort wieder bergauf kurbeln. Aber naja – dazu hat man ja ein Bergfahrrad.
Der letzte Tag war zugleich aber auch der heißeste Tourtag von allen. Wir fuhren Abschnitte, in denen wir knapp eine Stunde nur schweigend hintereinander bergauf kurbelten – Andi sagte immer, dass er jetzt jeden meiner Stollen mit Namen kennt. Nur an Brunnen hielten wir an und tranken und wuschen uns. Aber was soll ich sagen – es war eine schöne Erfahrung.
Aus Zeitgründen entschieden wir uns dazu an diesem Tag keine Mittagspause einzulegen, sondern lieber Riegel zur Gewichtsreduktion zu essen.
Da das Streckenprofil aber anstrengend war, knurrte uns um 15.00 Uhr so der Magen, dass ich beschloss nicht mehr weiter fahren zu wollen. Dazu kam, dass wir irgendwo im Nirgendwo standen und weit und breit kein Gasthaus zu sehen war. Wir rappelten uns hoch und erreichten nach unzähligen (ca. drei) Anstiegen endlich Rohrmoos. Dort gab es dann Käsespätzle zum Mittagessen (um 16.00 Uhr).
Der Kellner – ein netter junger Kerl – sagte mir beim Blick auf meine Pulsuhr, dass ich nicht in der Fettverbrennungszone sei. Worauf ich ihm antwortete, dass mir das scheißegal sei – ich hätte Hunger. Er verstand aber den Spaß und gab uns noch ein paar Tipps für den restlichen Rückweg.
Ab Rohrmoos ging es dann eigentlich nur noch bergab und ab Fischen im Allgäu an der Iller entlang. Auf dem Illerradweg ließen wir es richtig krachen weil wir endlich heim wollten. Und obwohl wir zum Abschluss vor Immenstadt nochmal in den Alpsee springen wollten, fuhren wir weiter zum Auto und waren froh, als wir die Tour hinter uns gebracht hatten.
Zum Abschluss gab es auf dem Marktplatz von Immenstadt noch ein alkoholfreies Weizenbier und dann fuhren wir nach Hause.
Die Eindrücke dieser Tour werden aber noch lange anhalten und der Entschluß 2011 erneut eine Alpentour zu machen, steht schon fest. Mal sehen – vielleicht wird es ja sogar ein richtiger Alpencross.